Die Verhaltenstherapie ist ein psychologischer Heilkundeansatz, der seit Mitte des 20. Jahrhunderts existiert und mittlerweile einen bedeutenden Platz in der psychotherapeutischen Praxis einnimmt.

Im Vergleich zu anderen Therapiemethoden wurden die verhaltenstherapeutischen Verfahren am häufigsten und für das breiteste Spektrum psychischer Störungen untersucht. Am Anfang des wissenschaftlichen Interesses standen Fragen nach der Beeinflussung menschlichen Verhaltens und Erlebens durch Lernprozesse und Umwelteinflüsse. Heute umfasst die VT eine Vielzahl von Methoden und Techniken, die auf Erkenntnissen aus der Lernpsychologie, der Experimental- und Sozialpsychologie und medizinischen Erkenntnissen zu physiologischen und neuronalen Prozessen im Körper basieren.

In der Verhaltenstherapie wird "Verhalten" verstanden, als die Gesamtheit menschlicher Lebensäußerungen bestehend aus Gedanken, Vorstellungen, Gefühlen, Körperreaktionen und beobachtbarem Verhalten. Eine ihrer Grundannahmen besagt, das (problematisches) Verhalten unter bestimmten Lern- und Umweltbedingungen entstanden ist bzw. "erlernt" wurde, und damit auch wieder "verlernt" bzw. verändert werden kann.

Häufig angewandte Methoden in der VT sind dabei Verhaltenstechniken, die sich mit dem Aufbau von selbstsicheren Verhaltensweisen, dem Aufbau von im weitesten Sinne günstigen und der Gesundheit und dem seelischen Wohlbefinden zuträglichen Verhaltensweisen, wie. z.B. Entspannungsverfahren und dem Abbau von ungünstigen Verhaltensweisen (z.B. bei Ängsten, Zwängen) durch Konfrontation mit gefürchteten Situationen, Gedanken oder Objekten beschäftigen. Weitere Methoden befassen sich mit Veränderungen von Problemen in Beziehungen und in der Interaktion mit Mitmenschen sowie mit ungünstigen Selbstwahrnehmungen und -einschätzungen. (Siehe hierzu auch Kognitive VT und Rational-Emotive VT ).

Grundsätzlich gelten in der Verhaltenstherapie folgende Grundprinzipien:

VT ist problemorientiert

Die Behandlung setzt in der Regel an der gegenwärtig bestehenden Problematik an. Das therapeutische Vorgehen wird möglichst genau auf die jeweilige Störung und den einzelnen Patienten/Patientin zugeschnitten. VT ist ressourcenorientiert In der VT wird der Patient/die Patientin mit seinen/ihren Stärken, Fertigkeiten, positiven Lebenserfahrungen und -leistungen als Experte für seine/ihre Probleme wertgeschätzt.

VT ist zielorientiert

Die Identifikation eines oder mehrerer Probleme sowie die gemeinsame Festlegung von Therapiezielen sind integrativer Bestandteil der VT.

VT ist handlungsorientiert

Die Therapie erschöpft sich nicht in Diskussion und Reflektion von Problemen, sondern motiviert den Patienten/die Patientin zum aktiven Erproben neuer Verhaltens- bzw. Erlebensweisen und Problemlösestrategien.

VT ist nicht auf das therapeutische Setting begrenzt

Das therapeutische Setting und eine gute therapeutische Arbeitsbeziehung bieten die Möglichkeit, verändertes Verhalten und Erleben in einem geschützten Rahmen zu erfahren und einzuüben. Damit diese Erfahrungen auf den Alltag übertragen werden können, ist es notwendig, das der Patient/die Patientin die neu erworbenen Strategien regelmäßig zwischen den Sitzungen erprobt und einübt.

VT ist transparent

Transparenz für die Patienten entsteht durch das gemeinsame Erarbeiten von plausiblen Erklärungsmodellen und das nachvollziehbare Erklären aller Aspekte des therapeutischen Vorgehens. Auf diese Weise entsteht eine erhöhte Akzeptanz der Therapiemaßnahmen, die zum Behandlungserfolg maßgeblich beiträgt.

VT stellt Hilfe zur Selbsthilfe dar

Über die Erhöhung der allgemeinen Problemlösefähigkeit und über das transparente Ableiten des therapeutischen Vorgehens aus einem Störungsmodell werden den Patienten generelle Fertigkeiten zur selbständigen Analyse und Bewältigung zukünftiger Probleme vermittelt. Somit erhöht die VT das Selbsthilfepotential der Patienten und kann dadurch Rückfällen und der Entwicklung neuer Probleme oder Störungen vorbeugen.

Kognitive Verhaltenstherapie

Die kognitive Verhaltenstherapie umfasst sowohl kognitive (= Erkenntnis betreffende) Prozesse in Form von Einstellungen, Gedanken, Selbstgesprächen, Vorstellungen und Interpretationen, als auch verhaltensbezogenene Techniken. Sie hat sich seit den 50er Jahren aus der Verhaltenstherapie entwickelt. Wichtige Vertreter dieser Richtung sind A. T. BECK, A. ELLIS und D. MEICHENBAUM. Eine der Grundannahmen ist dabei, dass Gefühle und Verhaltensweisen ein direkter Ausdruck von gedanklichen, bzw. kognitiven Prozessen sind. In der Therapie wird deshalb u.a. daran gearbeitet, irrationale, ungesunde und problematische Denkmuster, Vorstellungen und Überzeugungen, die mit psychischen Problemen einhergehen, zu verändern.

Rational-Emotive (Verhaltens-)Therapie (RET)

Die Rational-Emotive Therapie wurde von A. ELLIS seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts als Erweiterung verhaltenstherapeutischer Techniken entwickelt. Ellis geht davon aus, dass irrationale Einstellungen oder Bewertungen über Erziehungs-, Kultur- und Sozialisationsprozesse sowohl in frühen Lebensphasen als auch im späteren Lebensverlauf erworben werden. Im Mittelpunkt seiner Theorie steht das sogenannte "ABC-Modell" der Gefühle. Hierbei steht A (activating event) für das auslösende Ereignis eines Problems, B (beliefs) für Gedanken, Interpretationen und Bewertungen sowie C (consequences) für daraus entstehende Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen. Die Therapie beinhaltet u.a. die Disputation ungesunder, irrationaler Denkweisen, die Erstellung von ABC´s, das Durchführen von Imaginationsübungen zu bestimmten vorher gemeinsam festgelegten Problembereichen und das Durchführen von Verhaltensübungen im Alltag.

Allen vorgestellten Therapieformen ist gemeinsam, dass sie Anwendung finden in einer Atmosphäre des Respekts und der Achtung vor den Problemen und Wünschen des Patienten/der Patientin.